„Bei Little World kann man einfach über Themen sprechen, zu denen man sonst nicht die Gelegenheit hätte“, sagt Susanne, die via Facebook auf die Gesprächs-Plattform aufmerksam geworden war und sich direkt angemeldet hatte. „Ich finde, das ist eine gute Idee“, lobt sie. „Wo hat man sonst die Möglichkeit, sich mit Menschen aus anderen Ländern über eine längere Zeit austauschen zu können, statt nur mal beim Begegnen auf der Straße?“ Bis dahin hatte die Pfarrerin höchstens im Zusammenhang mit Kirchenasyl ähnliche Begegnungen.
Altersunterschied egal
Seit einem Jahr videochattet Susanne nun schon mit Nesrine, einer Ärztin aus Algerien. Ihr vorheriger Gesprächspartner hatte sich irgendwann nicht mehr gemeldet. Trotzdem ging die 68-Jährige ganz offen in das neue Gespräch und wurde nicht enttäuscht. „Es ist toll“, freut sie sich. „Wir fangen immer damit an, wie es uns gerade geht und was gerade im Leben der anderen los ist, und daraus ergeben sich dann alle weiteren Themen.“ Der Altersunterschied zu ihrer Gesprächspartnerin in den 30ern spielt dabei gar keine Rolle. Und wenn es mal mit der deutschen Sprache hapert, können die beiden auch mal ins Französische wechseln.
Dabei ist es für Susanne besonders spannend, neue Dinge über das andere Land zu erfahren. „Zum Beispiel habe ich gelernt, dass es kein Problem ist, mitten in der algerischen Wüste eine stabile Internetverbindung zu bekommen“, lacht die Pfälzerin. „Aber versuch das mal hier bei uns auf dem Dorf!“ Nesrine erzählt ihr aber auch darüber, wie es war, in Algerien zu leben und zu arbeiten. Oder wie ihr Mann, der ebenfalls Arzt ist, und sie in Deutschland zurechtkommen.
Die Sicht der anderen miterleben
Als besonders kostbar empfindet es Susanne, dass sie sich mit ihrer muslimischen Gesprächspartnerin ganz offen über Religion und Werte austauschen kann, ohne dass eine versucht, die andere zu missionieren. „Keine von uns will die andere überzeugen“, sagt sie, „für uns ist es einfach sehr interessant, zu sehen, zu hören und zu erleben, welche Bedeutung der jeweilige Glaube für die andere hat.“ Besonders wichtig ist es für Susanne außerdem, das die Deutschlernenden bei Little World „merken, dass es in Deutschland auch andere gibt“ als die, die sich fremdenfeindlich verhalten.
Nesrine interessiert sich unter anderem für deutsche Geschichte, was es mit den Bundesländern auf sich hat und natürlich für die deutsche Sprache. Kürzlich hat sie ihre Approbation als als Ärztin erhalten. Jetzt muss sich die Hochschwangere ausruhen und sich auf die Geburt ihres ersten Kindes vorbereiten. Deshalb sehen sie und Susanne sich gerade nicht so oft. Aber wer weiß, vielleicht treffen sich die beiden irgendwann auch analog? So oder so sehen sie die Gespräche bei Little World als einen „Gewinn für uns beide“.
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